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Dalí konnte nicht rechnen, Picasso war geizig


Nie Veröffentlichtes über die größten Künstler Spaniens in der RAR Gallery Berlin

Wenn Christina Katrakis auf ihren jüngsten Film zu sprechen kommt, wird ihre Stimme schneller. Im Sommer konnte die Kuratorin ihren Interview-Zyklus mit Ultra Violet rechtzeitig abschließen. Jene Künstlerin, bürgerlich Isabelle Collin Dufresne, war lange schon an Krebs erkrankt, im Juni 2014 erlag sie ihrem Leiden. Vor der Kamera aber berichtete sie umfassend über ihr Leben mit den bedeutenden Künstlern des 20. Jahrhunderts.

Geboren 1935 in Frankreich, kam Ultra Violet bereits in den 50er Jahren nach New York und dort in Kontakt mit Jasper Johns, Robert Rauschenberg und James Rosenquist. Bald wurde sie von Andy Warhol entdeckt und vorübergehend zu einem Superstar in dessen Factory. „Als ich (Warhol) 1963 traf, war er noch unbekannt und er sagte: Du bist so schön, lass uns einen Film machen. Und ich fragte: Wann? Er sagte: Gleich morgen. Also ging ich am nächsten Tag in die Factory“, erinnert sie sich im Film. Die Arbeit mit Warhol war allerdings wohl nicht einfach: „Ich glaube, er hatte einen großen Minderwertigkeitskomplex und deswegen wollte er so unbedingt die Leiter nach oben klettern, um akzeptiert zu sein“, sagt Ultra Violet. „Sein Sternzeichen war Löwe, das ist bedeutsam. Es gibt den guten und den bösen Löwen. Der böse ist der Diktator, der gute regiert und hütet sein Weltreich oder eben seine Factory. Er war sehr Löwe, hatte ja auch eine richtige Löwenmähne, das war sehr clever.“

Die Muse, die von Warhol ihren Künstlernamen hatte, verließ die Factory nach wenigen Jahren. Selbst Künstlerin, wurde sie Geliebte unter anderen von Salvador Dalí: „Dalí war nicht mein Lehrer im eigentlichen Sinne, aber er hat mich inspiriert als der freie Geist, der er war.“ Eine intensive Zeit – unter den Augen von Dalís Frau: „Gala war die Pest“, kommentiert Ultra Violet. „Klar wusste sie von mir, sie wusste über alle Bescheid, sie war auch nicht eifersüchtig, hatte ja auch ihre Liebhaber. Aber sie war nicht glücklich.“ Regelmäßig habe es Szenen gegeben: „Wenn Leute etwas kaufen wollten, sagte sie immer: Ich will Cash. Also kamen die Leute mit Bargeld, und dann nahm sie es und warf es ihnen ins Gesicht. Vielleicht war das auch eine Art Performance, vielleicht sollte man es so sehen.“ Dalí selbst beschreibt Ultra Violet als bisweilen konfus: „Er war immer etwas durcheinander, wusste nie, welcher Tag es war, konnte nicht unterscheiden zwischen 100 Dollar oder 500 Dollar. Gala aber stand mit beiden Beinen auf dem Boden, wie eine Rechenmaschine, sie führte seine Geschäfte und er brauchte sie wirklich.“

Ultra Violet verspürte magische Anziehung zu den Größen ihrer Zeit und so war sie auch mit dem berühmtesten Spanier des 20. Jahrhunderts zusammen: „Ich wollte Picasso kennen lernen, habe also an seiner Tür geklopft, und dann sah ich diesen Typen mit diesen buschigen Augenbrauen. Er sah mich an und ich konnte kein Wort herausbringen“, berichtet sie. Doch aus der Beziehung wurde nur ein „kurzes Zusammenspiel“: „Er war jemand, der etwas aufbaut und der etwas einreißt, ein Konstrukteur und ein Zerstörer. Und mit seinen Frauen, und ich war eine davon, und mit seinen Kindern, da war er sehr rüde. Er hat sich nicht um seine Kinder gekümmert, hat nicht für sie gezahlt. Er war sehr geizig, was die Familie anging.“

Dass die Aufzeichnungen von Katrakis nun einem breiten Publikum bekannt werden, geht auf die Initiative der RAR Gallery (Berlin, Palo Alto, New York) zurück. Inhaber Gerhard Charles Rump, Kunsthistoriker und lange Zeit Leiter des Kunstmarkts der Zeitung „Die Welt“, hatte Katrakis vor drei Jahren in Houston (Texas) kennengelernt und jüngst in seine neue Niederlassung in Berlin geholt. RAR zeigte den Streifen unter dem Titel „Ultra Violet Light“, einer Schau der letzten Werke der Künstlerin zusammen mit dem russischen Maler Igor Kalinauskas. Neben zwei Arbeiten Ultra Violets (Öl auf Leinwand) waren Kalinauskas´ Variationen des Letzten Abendmahls aus seinem Projekt „eternal light“ zu sehen.

Welche Auswirkungen die Aufzeichnungen von Katrakis haben werden, ist noch nicht abzuschätzen. „Ultra Violet sagt hier Dinge, die man nirgends gedruckt findet“, betont Galerist Rump. „Das erweitert den Zugang zur Person und damit zum Oeuvre der jeweiligen Künstler.“ Die Interviews werden wohlmöglich bald auch im TV gezeigt. Die RAR Gallery ist im Gespräch mit mehreren Sendern.


Nikolaus Nowak, art critic, journalist, CMOODY, DeLuxe Magazine, 01 December 2014

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